Dienstag, 16. September 2008

Wie mich Youtube das Fürchten lehrte....

Morgens, 3:30 Uhr. Ja, ich bin wach. Mit Sicherheit aber nicht freiwillig. Eigentlich hatte ich mir fest vorgenommen zu christlicheren Zeiten den Weg in mein Bett zu finden und dann auch um zu schlafen. Das mit dem Bett hab ich immerhin schon mal hinbekommen, aber von Schlaf brauchen wir hier gar nicht reden.


Panik, Kurzatmigkeit und blankes Entsetzen halten mich wach. Youtube zeigte mir das Grauen. Meine Angststarre ließ es nicht einmal zu, dass ich diesen Horror mit einem beherzten Klick auf das kleine "X" meines Browsers beenden konnte. Freunde der Nacht, ich habe das Böse gesehen! In bunt! Das hat sogar einen Namen, zwar keinen sehr klangvollen oder besonders schönen, aber einen Namen.

Jimi Blue Ochsenknecht.

Als aufmerksame Entertainment-Trulla ist mir nicht entgangen, dass kleine Mädchen ihre Minnie Mouse Schlüppis voll machen, wenn der Name Jimi Blue fällt. Nicht aus Angst, nein, die freuen sich über den! Da ich mittlerweile zum Erstaunen einiger aus dem Alter raus bin, kann ich weder mit Erscheinungen wie Jimi noch mit Geräuschen von Jimi etwas anfangen (und letztere sind nichts für schwache Nerven, das sei mal gesagt). Der Herr Ochsenknecht scheint aber nach Höherem zu streben als nach Groupies im Alter zwischen 2 und 10. Seine aktuelle Single, "Key To The City", lässt darauf schließen, dass er jetzt auch Mädels mit Brüsten ansprechen möchte. Oder aber die Plattenfirma wars und wollte dem Sound von Jimi mal einen hipperen Touch geben (machen die ja ganz gern und das geht auch ganz gern in die Hose). Jugendlicher, cooler, usw. 

Meine Fresse, was lagen die daneben. 

Mir blieb der Mund zeitweise fassungslos offen stehen. Nicht nur, dass der Song an sich grottenschlecht ist. Nein! Die Idee zum Video wird auch dreist einfach mal bei wirklichen Künstlern geklaut - in dem Fall Lauryn Hill. Aber immer schön der Reihe nach. 



Der Song
Dass sich durch das Internet so gut wie jeder Kasper berufen fühlt, seine Kellerproduktionen online zu stellen und Datenmüll zu verursachen, ist nicht neu und damit habe ich mich auch abgefunden. Das macht es sicher schwerer echte Perlen zu finden, aber der Anreiz zu suchen ist bei mir jedenfalls höher. Hat was von Ostern oder Indiana Jones. 
Als die ersten Töne des Songs von Jimi meine Gehörgänge erreichten, wusste ich nicht, ob ich laut lachen oder doch bitterlich weinen sollte. Im letzen Post habe ich es angemerkt - ich bin Musikredakteurin bei einem Hip Hop Magazin. Und was brettert mir da durch die Kopfhörer direkt das Trommelfell entlang?! Ein rappender Jimi! Auf Englisch! Ich bin mir nicht mal sicher, ob der wirklich Deutsch kann... Scheint auch völlig Wurst zu sein, die Songwriter haben da dreist, wie sie sind, einfach mal die Language geswitcht. Nennt mich engstirnig oder intolerant, aber ich kann keinen milchbärtigen Schnuffelpuffel ernst nehmen, wenn er mir in seinem Videoclip schlecht rappend erzählen will, dass er die geilste Sau im Bett ist. Vor allem nicht, wenn er mit einem gelben Pali-Tuch in selbigem herumspringt ("dress to impress"). Da fehlt mir vielleicht auch die Fantasie....
Musikalisch gesehen hat sich das Niveau hier also zwei Meter unter Normal Null begeben. Das wars ja aber leider noch nicht. 


Das Video
Wie oben bereits angesprochen muss das gut gemachte und kreative Video von Lauryn Hill zu "Everything Is Everything" herhalten, denn eigene Ideen sind sowieso völlig überbewertet. Dafür hat das Budget wahrscheinlich nicht gereicht... In Jimis Kopie turnen neben diversen Homeboyz auch einige Homegirlz rum, wie sich das für einen angehenden Rap Superstar auch gehört. Hauptsache Weiber im Clip. Der junge Herr Ochsenknecht soll ja auch möglichst real rüberkommen und so zieht er mit seiner Crew durch die Stadt oder chillt gediegen an einem Zaun. Die freshen Lyrics dabei immer Richtung Kamera schmetternd, versteht sich ja von selbst.
Und er tanzt auch. Muss man ja ohne Frage mal erwähnen, wenn eine Bodybeate wie der Jimi sich rhythmisch zur eigenen Musik bewegt. Unterstützt wird er dabei auch noch von deutscher Dance-Prominenz (Oooho, ein Reim!). Kenny, Sieger der vielbeachteten DanceStar Serie, hopst fröhlich grinsend hinter oder neben dem Protagonisten durchs Video. Damit wäre auch die Frage nach dem Choreografen beantwortet und weiter kommentieren muss man das auch nicht. Muss man eben gesehen haben. Die obligatorische Blockparty gibts natürlich im Video auch noch. Was wäre das für ein Rapvideo ohne Party?!?!? 
Achja, die Stadt ist eine Platte und Jimi ist der DJ. Schlimmer geht nimmer...

Zitate aus "Key To The City" 
(Muss man gehört haben, lyrische Leckerbissen, meine Freunde!)

"Big mouth, clean shirt, dirty mind - now you know" 
Der verwegene Blick bei dieser Textzeile zieht Mandy und Oma gleichermaßen die Windeln aus, da bin ich mir sicher! Nur ein Schelm würde bei dieser Zeile an homoerotische Spielchen denken....Big mouth....dirty mind....Oha...

"Come closer, get nasty, if you wanna touch this, don't ask me"
Jimi ist also für alle da. Schön. Wer mal anfassen will, der solle sich frei fühlen, dies auch zu tun. Bei der erstbesten Gelegenheit werde ich dem nachkommen und ihm ne Backpfeife für den Schund verpassen. Ist ja auch anfassen.


Mittlerweile bin ich am Ende meines Posts angekommen und es ist 4:33 Uhr. Albträume werden mir hoffentlich erspart bleiben, denn mehr Jimi Blue vertrage ich weder bewusst noch unterbewusst. Meine Müdigkeit werde ich ausnutzen und mit Lauryn Hill auf den Ohren langsam entschlummern. 

Nach dem Horror hab ich mir das auch wirklich verdient. 

Gute Nacht.

Donnerstag, 11. September 2008

Die Subkultur und die Mitfahrgelegenheit

Phasenweise wird mir meine Heimatstadt zu klein und ich suche mir nette Menschen aus meinem Freundeskreis raus, die mindestens 200km entfernt wohnen und überrasche diese mit einem Besuch meiner Wenigkeit. Die Distanz muss folglich irgendwie überbrückt werden. Hat man kein eigenes Auto, so wie ich, gibt es eine ganze Reihe von möglichen Transportmitteln. Sehr beliebt die Deutsche Bahn, vor allem wegen ihrem fantastischen Preis-Leistungs-Verhältnis, dem überragenden Service und der typisch deutschen Pünktlichkeit. Ich entziehe mich gern der Bahn und reise mit den verschiedensten Leuten durch die Republik. mitfahrgelegenheit.de machts möglich. Jeder, der als Mitfahrer seinen Fuß in ein fremdes Auto gesetzt hat und sich von einem völlig fremden Menschen von A nach B gegen ein humanes Entgelt chauffieren lassen hat, weiß, dass man oft Überraschungen erlebt, bezüglich der Personen, mit denen man die nächsten Stunden im gleichen Vehikel verbringt.


Beliebte Themen kurz nach der Abfahrt sind der Zweck der Reise und was man sonst so macht um seine Woche rumzukriegen. Als schillernde und interessante Persönlichkeit liefert man da auch gut und gern Stoff für eine Fahrt von Kiel nach München und zurück, so wie ich eben. Ich rede gern und viel. Soziophobe Menschen jedoch können einem die Fahrt herrlich versauen, indem sie schweigen. Unerbittlich. Wenn es sein muss von Abfahrt bis Ankunft. Am liebsten habe ich Mitmenschen, die meinen Beruf und vor allem das Metier, in dem ich arbeite, als Anlass sehen, dass ich meine schulische Laufbahn vermutlich direkt nach dem Hauptschulabschluss beendet habe. 

Was nenne ich wohl Job?!

Ich bin Redakteurin.
Das klingt bei so ziemlich allen noch interessant und jeder spinnt sich insgeheim auch zusammen, für welches Medium ich wohl arbeite und welchen Schwerpunkt ich betreue. Wetten mit sich selbst, die sie in fast allen Fällen verlieren...

Ich bin Musikredakteurin.
Da kassiert man gern mal den ersten entsetzen schrägen Blick. Man sieht dem Gesprächspartner/Mitfahrer an, dass die Hoffnungen nun auf dem Genre liegen, mit dem ich mich beschäftige und ich hoffentlich nicht der BRAVO-Redaktion angehöre.

Ich bin Musikredakteurin bei einem Hip Hop Magazin.
Jetzt folgt der Gesichts-Gau oder völliges Desinteresse als Reaktionen auf mein kühnes Geständnis. Ist ja auch eine heikle Angelegenheit, wenn man bedenkt, was der Großteil der Deutschen so mit Hip Hop assoziiert. Mangelndes Ausdrucksvermögen, Frauenverachtung, Respektlosigkeit und vor allem Dummheit....um mal einige zu nennen (Na, wer erkennt sich hier wieder?!).
Sobald ich erwähnt habe, was ich also genau bin und wofür ich schreibe, bin ich die gesamte weitere Fahrt bemüht, Schadensbegrenzung zu üben und mit der Umerziehung meines Gegenübers zu beginnen.


Ja, ich kann mich artikulieren. Zwar bin ich erst 22, aber das habe ich tatsächlich gelernt.

Nein, dass was auf MTV läuft hat nichts mit dem zu tun, womit ich mich beschäftige und was ich gut finde. 

Nein, Bushido hängt nicht als Poster über meinem Bett und ich träume auch nicht von Gang-Bang-Parties.


Die wenigsten Leute, die ich kenne und die sich frisch, fromm, fröhlich, frei in meiner liebsten Subkultur bewegen, decken die gängigen Hip Hop Klischees. Doof geguckt wird übrigens bei Außenstehenden auch gern, wenn man anmerkt, dass es mehr als eine Art von Rap gibt und dass Hip Hop an sich nicht die Musik, sondern die Kultur mit allen dazugehörigen Elementen selbst ist. Ab dem Punkt kommt Verwirrung auf und falls man nicht die gesamte Strecke, die man dank mitfahrgelegenheit.de in einem fremden Auto zurückgelegt hat auch wieder nach Hause fahren will, um zu erklären, was das mit den Elementen wieder soll, dann einfach hier aussteigen.

Danke fürs Mitnehmen.

Reality-Schmonzetten mit Musikunterbrechung

Meine Glotze wollte tatsächlich mal wieder in Betrieb genommen werden. Ich hatte sie schon völlig verdrängt und eigentlich wollte ich das Ding abschaffen, aber aus Gewohnheit steht mein Fernseher immer noch in meinem Wohnzimmer und versperrt mir dringend gebrauchten Platz für 100 weitere Tonträger. Ich habe mir fest vorgenommen, diesen Missstand demnächst zu beseitigen.


Die Daseinsberechtigung meiner Flimmerkiste habe ich also schon eine Weile in Frage gestellt und heute bin ich zu einem eindeutigen Ergebnis gekommen: ABSCHAFFEN!

Ja, abschaffen! Am besten direkt aus dem dritten Stock runter auf den Hinterhof pfeffern. Der Hausmeister hat hier in meinem äußerst gepflegten Mehrfamilienkomplex eh nicht viel zu tun, da kann man mit einer fliegenden Glotze gern mal für Abwechslung sorgen. Für meine Nachbarn ist das auch interaktiver als jede Gameshow im 9Live-Format nach 22:00 Uhr. Motzen live vor Ort und Aufräumarbeiten für alle Mietparteien. Ich tue damit also was für mein Umfeld. Der erste Nachbar, der sturmklingelnd vor meiner Tür steht und mich anschreit, was der Rotz da unten im Hof soll, kriegt von mir eine Tafel Milka und meine Programmzeitschrift. Gönnerhaft, wie immer.

Was aber lässt mich über derart drastische Mittel nachdenken?
Ist das Programm wirklich so unterirdisch?
Gibt es nicht vielleicht doch ein paar Ausnahmen?

Generell muss man sagen, dass alles, was den Stempel "Deutsche Produktion" trägt, gleich für den Sondermüll gemacht wurde. Von morgens  8 Uhr bis abends 20 Uhr wird sowieso nur Hartz4-TV ausgestrahlt. Eine leicht verdauliche Mischung aus Talkshow-Irrsinn, DokuSoap-Schrott und Lifestyle-Magazinen, die keiner braucht. Und hier ist nicht die Rede von nur einem Sender... Gut, das Niveau im TV nimmt leider nicht im Laufe eines Tages zu, was mich auch nicht sonderlich wundert.

Als Musikredakteurin war dann mein letzter Zufluchtsort im TV ein Musiksender. Soweit die Theorie. Es gibt nur keine Musiksender in Deutschland. Ernsthaft, nicht einen. Zwischen The Real World und Fur TV kommt Klingeltonwerbung und wenn man Glück und Geduld hat, huscht auch mal ein Musikclip vorbei. Besser auf stumm schalten, das meiste ist da auch nicht vertretbar. Aber immerhin nannte es sich Musikclip. 

Um meine Frustration mal zu beenden, schaltete ich meine Glotze aus, nahm mir meinen Hund und ging eine ordentliche Runde raus. Das gibts tatsächlich - ein Leben nach dem Fernsehprogramm, oder am besten mitten im laufenden Programm. Für alle die, die mal was riskieren wollen.

Einfach mal Fernseher aus.
Oder gleich ausm Fenster.
Ich befürworte letzteres.


Willkommen, willkommen... Der erste Streich.

Ein Blog. 

Mein Blog. 

Ja, ich bin nun auch stolze Besitzerin eines Werbemüll generierenden Blogs, den die Menschheit weder brauchte noch wollte. Und ich hab Spaß dabei. Die grenzenlose Selbstdarstellung im Internet ist auch an mir nicht vorbeigegangen, auch wenn das vielleicht besser gewesen wäre. Die mediale Welt hat auch einiges zu bieten, was mich zeitweise amüsiert, schockiert oder schlicht mit dem Kopf schütteln lässt. Darüber kann ich mich dann hier publikumswirksam auslassen. 

Am besten starten wir mal mit dem Direkteinstieg in die virtuelle Verblödungsmaschinerie. Ein Beispiel: zoomer.de - Wir machen Nachrichten

Wird der Eine oder Andere sicher kennen, vor allem, wenn er sich auf der einschlägigen Social Community (was wäre das Leben ohne behämmerte Internet-Anglizismen) StudiVZ rumtreibt und einen Blick auf die ständigen Links und Werbebanner wirft. zoomer ist immer präsent. Irgendwann wollte ich wissen, was das eigentlich sein soll und ob man dort eventuell in den Genuss von attraktiv-intelligent aufbereiteten Nachrichten kommt.

Pustekuchen.

Mit einem Klick auf der Startseite und mit dem nächsten auf einem äußerst niveauvollen Artikel gelandet (Achtung, hier springt die Ironie aus dem Browser direkt ins Gesicht des aufmerksamen Lesers!).
Jede Quarktasche darf unter die Artikel übrigens auch gleich seine Meinung setzen. Welche ausufernden und weltverbessernden Theorien da gepostet werden, ist eine wahre Wonne. 
Höchst interessant sind auch die Kolumnisten und deren Themen. Die Mischung aus hochseriöser Politik und Schminktips für Clownfische macht der Seite so schnell keiner nach. 
Dass Ulrich Wickert als Herausgeber von zoomer.de fungiert, macht die Sache nicht besser. Wenn ich mir die meisten Artikel durchlese, sind die entweder geklaut oder von Leuten geschrieben, die nicht viel Ahnung von dem haben, was sie da machen. 

Ein bisschen Geplänkel am Rande ist ja schön und gut. Aber wirklich ernst nehmen kann ich zoomer.de nicht. 

Wer BILD lesen will, soll das machen und wer die FAZ lesen will, der bitte auch. Aber der Versuch beides zu mischen, der tut weh.