Samstag, 11. Oktober 2008

Shell und der Blockbuster

Kram zum Lesen findet sich immer in meiner Tasche, sobald ich das Haus verlasse und länger als fünf Minuten mit der Bahn durch die Stadt gondeln muss. So auch gestern. Im Gepäck: ein junges deutsches Magazin, die NEON. Schon beim Befummeln des Blattes fiel mir die DVD auf, die man marketingtechnisch clever in die Mitte gepappt hatte. "Eureka" stand drauf. Anfangs dachte ich noch, dass es sich um eine Gratis-Episode der gleichnamigen schwachsinnigen amerikanischen Serie handelt, aber weit gefehlt! Ganz weit! Obwohl, schwachsinnig wars ja dann doch irgendwie... Hmmm...


Auf Müll war ich ja schon vorbereitet und meine Neugier wollte ja unbedingt wieder einen Schlag ins Gesicht. Also fix den Rechner mit der Scheibe gefüttert und gespannt gewartet, was da jetzt kommen mag....
Bereits der Vorspann ließ mich doof gucken. Die DVD wurde von Shell produziert. Genau das Shell, was weltweit ein Loch nach dem nächsten in den Erdboden rammt um Öl zu pumpen und genau das Shell an dessen Tankstellen sich bundesweit jedes Wochenende tausende Vollidioten zum Tuningtreff versammeln und elitär Mixery schlürfen - alternativ auch Red Bull, passt zur Karre. Die erste Frage, die mir die Synapsen entlang schoß, war, wieso die bitte einen Film produzieren?! Die Frage wird in dem ca. neun minütigen Streifen mehr als deutlich beantwortet. Bissel zwischen den Zeilen lesen und ein bissel Verständnis für globale Ölressourcen und was man so an der Tanke für nen Liter Sprit blechen darf, seien da mal vorausgesetzt. 

Shell poliert das Image. Auf richtig behämmerte Weise. 

Star des extended commercials ist ein niederländischer Ingenieur und dessen Sohn Max. Der Herr Ingenieur ist bei Shell angestellt und soll neue Methoden entwickeln, wie man kleine, verstreute Ölfelder ökonomisch sinnvoll leer pumpen kann. Zu Beginn des Filmchens sieht man Herrn Ingenieur eifrig in seinem asiatischen Büro quatschen. Eine junge Reporterin kommt hinzu und möchte vom Herrn Ingenieur wissen, was er zur Ressourcenknappheit und alternativen Energien zu sagen hat. Da kommt der Herr auf eine hübsche Idee. Einfach mal zeigen, was Shell so für Scheiße macht. Guter Plan!
In den folgenden Minuten erhält der aufmerksame Zuschauer wertvolle Informationen darüber, dass Shell es möglich gemacht hat, ein asiatisches Sumpfgebiet trocken zu legen und bewohnbar zu machen, damit Ölarbeiter schneller zur Arbeit kommen. Was für Menschenfreunde. Mir kommen die Tränen. Anerkennend merkt Frau Reporterin an, dass der Fortschritt wohl nicht aufzuhalten wäre. Die Shell-Tour hat ja aber gerade erst begonnen und so wird man noch fix auf einen Helikopterflug über zwei Bohrinseln mitgenommen und weiß danach, dass die Ölvorkommen da bald aufgebraucht sind und man ja ganz gern an die anderen kleinen Ölbunker ringsrum kommen würde, aber nicht so richtig weiß, wie man das machen soll. Ein Dilemma. Auch hier wieder eine äußerst hilfreiche Anmerkung von Frau Redakteuse: einfach mal einen Tapetenwechsel, wenn einem nix gescheites einfällt. 
Der Herr Ingenieur scheint ein Mamakind gewesen zu sein, der hört auf die Frau und fährt heim nach Amsterdam um mit seinem Sohn Max Fritten und einen Milchshake beim unabhängigen Burgerbrater zu verzehren. 

Und welch dramaturgische Leistung sich hier einem bietet! Eureka!

Sohnemann Max dreht seinen Strohhalm um, damit er an die letzten Reste Milchshake kommt und im Gesicht seinen Herrn Papa kann man quasi beobachten, wie der Groschen pfennigweise fällt. 

Da hat der doch ne Lösung gefunden, wie man an die Ölbunker kommt! Durch einen Strohhalm! Aha! 
Hat ja meiner Meinung nach was von Dr. House, dem auch immer wieder Lösungen und Diagnosen einfallen, während sich jemand ein Ei brät oder an selbigem kratzt....

Das Ende des Films ist herzerweichend. Papi schaut Max beim Fußball zu und Papi rettet seinem Konzern ein paar Millionen in der Jahresbilanz. Dafür gibts meinen persönlichen Oscar.

Es ist eine Mischung aus Armseligkeit und Dreistigkeit, was Shell hier versucht. Hat ja schon was logisches, wenn ein Ölkonzern sich gegen alternative Energien stellt. Sag ich ja nix gegen. Aber scheinbar hat der Konzern ein kleines Problem mit dem eigenen Bild in der Öffentlichkeit. Da hilft auch diese DVD nicht, liebes Marketingteam. Und wenn ihr alle euren Posten behalten dürft, dann lauf ich gern schreiend im Kreis. Ich persönlich möchte mich nicht mit der Tankstelle, an der ich mein Konto leer räume, identifizieren. Und lobbyistische Filmchen, wie "Eureka" machen es da nicht besser. 

Fazit: Das nächste Auto wird ein Hybrid. So. Und ich tanke nicht mehr bei Shell. Wer solchen Müll als Imagekampagne rauskloppt, hats nicht anders verdient. 

Aber gut, wenn die Schlangenbohrtechnik weltweit ein Hit ist und der Max jetzt Profi bei Amsterdam ist.

Ich schwing mich dann mal aufs Rad. Wetter ist so schön.

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