Mittwoch, 29. Oktober 2008

Entscheidungsschwierigkeiten

Bisher habe ich es prima vermieden über persönlichen Kram in meinem Blog zu schreiben. Heute will ich dann aber doch mal. Ich plage mich mit einem kleinen Entscheidungsproblem und das hat direkt mit dem Blog zu tun und auch direkt mit mir selbst als Musikredakteuse. 


Das Word Up! Magazine war bis vor kurzem noch mein journalistisches Zuhause. Allerdings habe ich mich dann schweren Herzens doch von dem Magazin getrennt, denn da geht einfach mal gar nichts. 

Nur mal ein Beispiel:

Im April (!!!) hatte ich ein Interview mit den Jungs von ONYX (Slam und Slam Harder wird den meisten ein Begriff sein, wenn nicht, dann hilft da Youtube gern weiter.) Jedenfalls war das ein Exklusivinterview und somit das einzige seiner Art in Deutschland. Kinder, was hab ich mich drüber gefreut! Normalerweise sollte man ein solches Interview dann unter die Leute bringen, wenn es fettig und heiß ist. War ja auch mein Plan. Da kam besagtes Magazin um die Ecke und bot mir einen Platz in der Redaktion an. Gut, hab ich genommen. Man kann ja davon ausgehen, dass das Mag seine Arbeit genauso ernst nimmt, wie man selbst. 
Der Mensch kann sich täuschen...

Das Mag hat es bisher nicht geschafft auch nur eine aktuelle Ausgabe rauszubringen, was mit Sicherheit nicht an meiner Arbeit liegt, sondern kläglich am Herausgeber scheitert. Jetzt gammeln auf meiner Festplatte eben noch diverse Interviews rum, die es eigentlich wert wären, gelesen zu werden. Und hier liegt der Hase im Pfeffer begraben...

Gehören Interviews in einen Blog wie diesen!? 
Soll ich alte, eigentlich nicht mehr akutelle Interviews posten?!
Hat Hip Hop als Thema Platz in diesem Blog?!

Jungs und Mädels, es hängt von euch ab. Ich lasse euch voten und ihr entscheidet selbst, ob ihr die Interviews lesen wollt, oder eben nicht. 

Kleine Auswahl, was ich interviewtechnisch im Angebot habe:
ONYX
Kool Keith
El Magico Pictures
Franky Kubrick
etc....

Cheers und nen frischen Tag.

Dienstag, 28. Oktober 2008

Die Geschichte von Hirn und Mensch ist eine Geschichte voller Missverständnisse.

"Deutschland verblödet!"

"Generation Doof"
"Verdummung muss ein Ende haben!"

Na, kommt das Jemandem bekannt vor?! Die Flut von Artikeln, TV-Beiträgen und Videoclips nimmt kein Ende, die sich eben genau um dieses Thema drehen: wir werden doof.
Oder vielmehr sind wir es schon und das in den meisten Fällen auch noch ohne, dass wir uns dessen bewusst sind. Neu ist das nicht. 
Die Ursachenforschung nach der kollektiven Idiotie lässt mich innerlich schmunzeln, denn eigentlich weiß jeder, was zum geistigen Totalausfall von Millionen Menschen geführt hat. 

Wir selbst sind schuld. So siehts aus, liebe Freunde.
Immer mal schön vor der eigenen Haustür kehren...

Die Feinde, die uns alle dumm machen wollen, sind die Medien. Immer. In jeder Begründung, wieso wir so behämmert durch unsere fluffig-blumige Welt der Bekloppten rennen, sind es jedes Mal die bitterbösen Medien. Ohne Frage muss man eingestehen, dass es im TV nur Grütze gibt, mit so wenigen Ausnahmen, dass diese Perlen kläglich im Programmheft der Wahl absaufen. Aber der Mensch schuf an der Glotze auch nen Knopf, mit dem man selbige ausschalten kann... 

Natürlich können wir selbst bestimmen, womit wir uns tagtäglich medial zudröhnen. Aber die Flut und die unbändigen Massen an meist qualitativ minderwertigen Informationen machen es schwer herauszufiltern, was wirklich wichtig ist und was eher in die Rubrik Hirnschmalzabbau gehört. Paris Hiltons Pfläumchen auf ner Party fällt eher in letztere Kategorie. 

Womit wir zum nächsten Punkt kommen, der uns alle zwar mehr oder weniger interessiert oder fasziniert, unseren mentalen Fähigkeiten (ich meine damit kein Uri-Geller-Gerotze im Stil von "Ich kann den Tisch schweben lassen") leiden aber massiv darunter. Stars, Sternchen, D-, E- und F-Prominente, Castingtörtchen und Modelpussies... Damit beschäftigen sich die meisten Deutschen am liebsten nach Feierabend. Und seit einiger Zeit hat diese Begeisterung für sinnbefreites Casting-Entertainment einen neuen Berufswunsch unter Heranwachsenden hervorgezaubert. 

Star wollen alle werden. Reich, berühmt und schweinesexy. 
Es wäre vermutlich leicht arrogant, wenn ich an dieser Stelle sage, dass es einige wenige wirkliche Stars gibt, die das durch Talent, harte Arbeit und ein gutes Management- und Marketingteam geworden sind (in welcher prozentualen Verteilung sei dahingestellt....) und 99,99% aller Castingteilnehmer im Leben nie das Zeug dazu haben werden. Aber ich sags trotzdem. Lernt was ordentliches, menschenskinder!

Würde z.B. ein Teil der lieben TV-Gucker ihr Sehverhalten ändern und nicht Dieter Bohlen Rekordeinschaltquoten bescheren, dann wär das vielleicht der Anfang einer wunderbaren Freundschaft zwischen Hirn und Besitzer. 

Das Leben kann doch so schön sein. Lebt sich doof natürlich auch einfacher....

So, Serie läuft.
Cheers.


Montag, 27. Oktober 2008

Wenn der Verleger die Hosen voll hat..

Als Autor schreibt man in den meisten Fällen eine ganze Weile an einem gut recherchierten Buch und ist dann ganz froh, wenn man einen Verlag gefunden hat, der neben einem großen Namen und Renommee auch noch eine große Auflagenzahl für das eigene Buch bieten kann. Das kann man getrost als Jackpot bezeichnen, jedenfalls aus Autorensicht. Es läuft aber nicht in allen Fällen so glatt, wie eben dargestellt. Ein Beispiel dafür ist die amerikanische Autorin Sherry Jones. 

Der Verlag, Random House (großer Verlag, viel Kohle, guter Ruf), hatte sich vorgenommen den Roman "Aisha. Das Juwel von Medina" zu veröffentlichen. In letzter Minute ging den Damen und Herren beim Verlag aber der Hintern auf Grundeis und man entschied sich gegen die Publikation. Ein anderer amerikanischer Verlag witterte seine Chance und sprang in die Bresche. Allerdings wurde die Veröffentlichung kurzfristig vorgezogen.
Stellt sich die Frage, wieso ein Buch in unserer modernen Zeit einen Verlag wie Random House so verschrecken kann und wieso der andere Verlag es offensichtlich eilig hatte, das Werk von Sherry Jones so schnell wie möglich rauszukloppen (anders kann man das nicht bezeichnen).
Die Antwort darauf ist so simpel, wie erschütternd... Aus Angst vor Terroranschlägen.

Aha. Ein Buch provoziert einen Terroranschlag. Muss ein interessantes Buch sein. 


Ja, tatsächlich wegen eines Buches, dass von einer Ungläubigen Amerikanerin geschrieben wurde und das Leben Aishas, der Lieblingsfrau des Propheten Mohammed, beschreibt. Stein des Anstoßes war eine Frau, um genau zu sein eine Islamwissenschaftlerin, die auf den Namen Denise Spellberg hört. Die gute Frau bezeichnete das Buch als pornografisch und weigerte sich aus eben genanntem Grund einen Klappentext für das Werk zu schreiben. Und hier fängt der Unsinn an. 

Weltweit wurden Proteste laut, die auf der einen Seite ein Verbot des Buches erreichen wollten und auf der anderen Seite unbedingt durchsetzen wollten, dass man es veröffentlicht. Die Partei pro Veröffentlichung hat Runde eins gewonnen. Aber das wars ja noch lange nicht. Der Vorfall hat mich persönlich in meinen Grundfesten der modernen Literatur gegenüber durchaus erschüttert.
Dass es immer schon Bücher gab, die polarisierten und auch verboten wurden, ist nicht neu. Meist waren es kritische Werke, die man mit dem Prädikat "zu gefährlich für die allgemeine Bevölkerung" veredelte. Das hatte oft einfach nur den Hintergrund, dass der Leser jener Bücher eventuell auf die dumme Idee gekommen wäre sich mit dem Inhalt der verbotenen Werke auseinanderzusetzen und das vorherrschende System zu hinterfragen. Sowas geht ja nun beim besten Willen nicht...

Ich würde mich sicherlich nicht zu einem durchaus brisanten Post zum Thema Religion und literarischen Freiheiten hinreißen lassen, wenn ich mich nicht doch ein bisschen um Hintergrundwissen bemüht hätte. Ich gehe im Übrigen auch nicht davon aus, dass mich in absehbarer Zeit ein netter Fundamentalist mit 5kg C4 unterm Hemd in seine Arme schließt und gleichzeitig den Auslöser betätigt... Aber mir ist bewusst, dass ich mich auf sehr gewagtes Terrain begebe, wenn ich mich kritisch dazu äußere. Aber selbst der Fakt, dass es gewagt ist, verdient es als erschreckend bezeichnet zu werden. Soweit ist es schon gekommen, dass man sich teilweise als Verbrecher fühlt, wenn man die eigene Meinung laut sagt... Es lebe die Meinungsfreiheit. Es lebe die Pressefreiheit. Es lebe die Religionsfreiheit. 

Also weiter im Text. 

Nach den Karikaturen aus Dänemark und der Absetzung der Mozartschen Oper "Idomeneo" nun also ein weiterer Fall von Fundamentalismus in der Kunst. Gut, bei der dänischen Karikatur muss man sagen, dass der Spaß ziemlich übers Ziel hinaus geschossen ist... Dabei ist das Buch subjektiv empfunden nicht mal so brisant. Es dreht sich um Aisha, die im Alter von sechs Jahren mit dem Propheten verlobt und mit neun verheiratet wird. Das sind alles Tatsachen. Sherry Jones erlaubt sich als Autorin die Darstellung der ehelichen Pflichten und bringt dabei das Thema Pädophilie zur Sprache, zwar nicht explizit, aber anders kann man das ohnehin nicht nennen, wenn ein 50 Jähriger sich mit einer 10 oder 11 Jährigen vergnügt... Und diese beschriebene Szene macht das Buch laut Denise Spellberg zum Porno auf 448 Seiten.
Allerdings geht es nicht nur um die Pädophilie und Kinderheirat, was damals wie heute noch recht gängig und gebräuchlich war, bzw. ist. Muslime in aller Welt fühlen sich aber auch von ganz anderen Aspekten des Buches angegriffen. Mohammed als Prophet wird vermenschlicht und er hat Schwächen, wie jeder andere Mensch auch. 

Hier mal eine kleines Zitat von einem Herrn, namens Rudi Paret Kohlhammer:

„In diesem Zusammenhang, nämlich bei der Frage nach der Geschichte Mohammeds und seiner Zeit, betrachten wir den Koran als eine historische Quelle erster Ordnung, und wir sehen unsere Aufgabe darin, ihn mittels einer eingehenden Interpretation zum Sprechen zu bringen. Dabei ist uns Mohammed mehr als ein bloßer Übermittler göttlicher Wahrheit. Er tritt selber in Aktion, behaftet mit menschlichen Schwächen, was ihn uns sympathisch macht, weil wir in ihm unser Fleisch und Blut sehen, und zugleich begabt mit einer menschlichen Größe, die uns Bewunderung und Ehrfurcht abnötigt. “

Jetzt die Überraschung: darüber hat sich keiner aufgeregt. Niemand. Kein Fundamentalist, kein Islamforscher. 

Halten wir folgendes fest: Sherry Jones verpasst Mohammed in ihrem Buch menschliche und männliche Züge, zeigt auch Schwächen und wird deshalb prompt öffentlich als Ketzerin dargestellt. Rudi Paret Kohlhammer beruft sich auf den Koran und sagt explizit, dass Mohammed Schwächen hatte. Ihn will man nicht steinigen.

Sherry Jones vermittelt in ihrem Buch ein sehr vielschichtiges Bild des Propheten und benutzt historisch belegte Fakten sowie ihre eigene Fantasie um eine Geschichte zu schreiben, was für Autoren von Romanen durchaus so üblich ist. Bei Dan Brown hat sich meines Wissens nach auch nicht der Papst beschwert, dass er seine Verschwörungsbücher mit dem Thema Christentum gegen Naturwissenschaft veröffentlicht hat...

Respektlosigkeit, ja teilweise Blasphemie wird der Autorin vorgeworfen. Dabei sollten Kritiker mal eines nicht vergessen. Mohammed war Prophet und Gottesgesandter, nicht Gott. Und es gab vor Mohammed diverse andere Propheten, denen das Wort Gottes verkündet wurde. Nur Mohammed hat es sich auf die Fahne geschrieben, den Islam zu verbreiten und Missionsarbeit zu verrichten, wenn man so will. Etwas anderes sagt Sherry Jones in ihrem Buch auch gar nicht. Ich für meinen Teil finde, dass dieses Buch den Islam sympathisch macht, was nach etlichen Hetzkampagnen eher eine Ausnahme in der weiten Welt der Bücher darstellt. Propaganda gegen den Islam verkauft sich besser, denn jeder Heinz im Kleingartenverein hat ja Angst vor Terroranschlägen. Vielleicht verkauft sich dieses Buch auch ganz passabel, immerhin ist man in Amerika ja um die nationale Sicherheit besorgt, seit der Roman käuflich zu erwerben ist. Das nenn ich mal eine Steilvorlage für das Marketingteam des mutigen Verlages...

Seit der dänischen Karikatur sind wir Ungläubigen gehemmt, was Kritik am Islam betrifft, wenn man mal von der Propaganda zum Thema "Religion des Bösen" absieht, von der ich absolut nichts halte.
Theologische Theorien, und der Islam ist zweifelsohne eine davon, sind nicht nur dazu da um sie kommentarlos hinzunehmen. Ich plädiere für Religionsfreiheit, für Pressefreiheit und für den Dialog zwischen den Religionen. Jeder mag der Religion seiner Wahl nachgehen, aber es sollte gestattet sein, dass auch Außenstehende sich ein Bild machen dürfen und ja, ich finde es nicht im Ansatz verwerflich, dass eine Frau, die sich selbst nicht als Muslimin bezeichnet, ein Buch über den Religionsstifter und dessen Frauen schreibt. Ich wette, dass auch arabische Medien sich über manchen Christen oder Ungläubigen lustig machen. Ich bin auch überzeugt davon, dass ein gewisser Grad an religiösem Humor durchaus vertretbar ist. Wo hier die Grenzen zu ziehen sind, stellt ein sensibles Problem dar. 

Für mich ist klar, dass ein Dialog zwischen den geistigen Gesinnungen notwendig und produktiv ist. Die eine Religion zu verteufeln und die andere als einzig wahre zu deklarieren, hat in der Vergangenheit schon so manche Auseinandersetzung heraufbeschworen. Muss ja nicht wieder sein.

Ein bisschen Offenheit und Toleranz hat noch keinem geschadet. Mal ehrlich, wem tut es denn wirklich weh, wenn Mohammed sympathisch beschrieben wird?! Ist der unbarmherzige religiöse Irre dem elitären Kreis der C4 Fundamentalisten vielleicht lieber?!

Donnerstag, 23. Oktober 2008

We don't need no education...

Bestimmte Themen und Probleme kommen mit einer hübschen Regelmäßigkeit ins Gespräch und verschwinden dann wieder lange Zeit in den Tiefen der Bedeutungslosigkeit. Eines dieser Themen hat sich im Laufe von Monaten immer lauter bemerkbar gemacht, bis es auch der letzte Politheinz nicht mehr ignorieren konnte - die liebe Bildung. Gern debattiert man über Deutschland als geistiges Schlusslicht im internationalen Vergleich, wenn die PISA Studie mal wieder um die Ecke pfeift. Dass es dringenden und langfristig wirksamen Änderungen am Bildungssystem bedarf, ist mittlerweile den meisten Staatsvertretern aufgefallen. Ich würde das durchaus schon Teilerfolg nennen, allerdings schießen sich etliche Staatsvertreter die Synapsen durch, wenn es um konstruktive Lösungsvorschläge und Reformpläne geht... Die andauernde Debatte hat gestern dann ihren sprichwörtlichen Gipfel erreicht, als sich die Vertreter von Bund und Ländern in Dresden einfanden und sich fest vornahmen etwas gegen unsere edukativen Missstände zu unternehmen. Man kennt das ja, gute Vorsätze...


Zu meiner persönlichen Überraschung kamen Kanzlerin, Minister und Co. gestern neben der üblichen Streiterei auch mal auf einen gemeinsamen Nenner und man glaubt es kaum, die haben ernsthaft was beschlossen! Applaus. 
So sollen bis 2013 satte 35,5% aller Kinder unter drei Jahren in Kinderkrippen,-gärten oder bei Tagesmüttern untergebracht werden. Man bedenke, dass zur Zeit knapp 16% aller Knirpse in den Genuss einer Tagesbetreuung kommen. Finanziert wird das großangelegte Projekt durch Bund, Länder und Kommunen. Dabei ist mir nicht wirklich klar, wer welchen Teil von den einkalkulierten 12 Milliarden Euro blechen soll...
Und ab 2014 will der Bund jährlich 770 Millionen Euro zusätzlich reinbuttern. Aber das wurde nicht erst gestern beschlossen, liebe Freunde. Auf die Idee kam man schon im Frühjahr.

Gehen wir mal weiter den Bildungsweg entlang vom Kindergarten in die Grundschule. Bis 2010 sollen die Länder die VORAUSSETZUNG dafür schaffen, dass man verbindliche Sprachtests vor der Einschulung durchführt. So soll gewährleistet werden, dass die Knirpse auch verstehen, was man ihnen beibringen möchte. Eine gute Basis und das war mehr als überfällig. Ich bin dafür (sage ich selten im politischen Kontext, also bitte nicht dran gewöhnen). Mich stört jedoch das Wort "Voraussetzung" bei diesem Beschluss. Das hat für mich nichts wirklich bindendes und kann ja von Land zu Land auch wieder unterschiedlich interpretiert werden...

Nach der Grundschule schließt sich Gymnasium, Realschule oder Hauptschule an. Und auch hier will man etwas ändern! Die Zahl der Schulabbrecher liegt im Moment bei ungefähr 8% und man würde diese Quote gern bis 2015 halbieren. 
Tolle Idee, aber vor allem die Umsetzung haut mich ja völlig vom Hocker. Schüler mit Lernproblemen sollen individuell gefördert werden und anhand von "Kompetenzprofilen" soll festgestellt werden, wer zusätzliche Hilfe braucht um den Abschluss zu schaffen. Genauer gings nicht, oder?! Und wieder ein bahnbrechender Beschluss....

Weiter im Programm... Nach der Schule absolvieren die Einen ein Studium, die Anderen eine Ausbildung. Und auch hier, bei der Ausbildung, will man die Abbrecherquote senken. Das macht man dann mit einer Berufsorientierungshilfe während der Schulzeit. In meinen Erinnerungen an die eigene Schulzeit blitzen da einige Aktivitäten und Exkursionen durch, die man als Berufsorientierungshilfe bezeichnen kann. Stellen wir fest: nicht neu.

Die Alternative zur Ausbildung ist neben ALGII auch die Möglichkeit zu studieren. Wir sind mittlerweile in der Königsklasse der Bildungsstreitpunkte angekommen, denn beim Studium und wie hier reformiert werden solle, da scheiden sich die Geister unserer Staatsvertreter. Man möchte mehr Studienplätze schaffen und beruflich qualifizierten ohne Abitur den Einstieg ins Studium erleichtern. So weit, so gut. Generell will man das Budget für Bildung bis 2015 auf 10% des BIP steigern. Nur mal zum Vergleich: 2007 betrug das BIP für Deutschland 2.423 Milliarden Euro. Die 10% davon kriegt hoffentlich noch jeder selbst ausgerechnet. Wir reden hier also von einem annehmbaren Sümmchen, dass im Verhältnis 70/30 auf Bildung und Forschung aufgeteilt wird. Bitte nicht annehmen, dass die Summe jedes Jahr ausgegeben wird. So viel haben wir nicht...)
Der große Krach beim Bildungsgipfel ergab sich aus der Finanzierung, was zu erwarten war, aber auch aus der Zuständigkeit, denn Bildung ist Ländersache. So so. Ländersache also. 
Offensichtlich ist bei den Herrn Ministerpräsidenten noch nicht durchgesickert, dass es nicht darum geht, dass der böse Bund sich in das Hoheitsgewässer Bildung drängt, sondern dass ein desolates und unterfinanziertes Bildungssystem endlich wieder konkurrenzfähig gemacht wird. Das wollen ja alle - Deutschland als Bildungsnation ganz weit vorn in der Welt. Aber bezahlen wills keiner. Gern wird ja anhand von skandinavischen Ländern gezeigt, dass Bildung auch funktionieren kann. Was denen scheinbar keiner gesagt hat, ist die Tatsache, dass die auch erkannt haben, dass die Bildung ihre INVESTITION in die Zukunft des eigenen Landes ist und ja, dafür muss man gegebenenfalls auch mal in die Tasche greifen.

Solange darüber diskutiert werden muss, wer das Portemonnaie aufmachen soll und wem man die Schuld für das Scheitern eines populärpolitschen Gipfels geben soll, sind wir weit entfernt von einer Lösung.
Spätestens zur nächsten PISA Episode fällt dem ein oder anderen Politiker sicher wieder das Ding mit der Bildung ein....

Ich werde mich jetzt einem Buch widmen. Lesen, das hab ich in der Schule gelernt. Kann ich nur empfehlen.

Schönen Abend.

Samstag, 11. Oktober 2008

Shell und der Blockbuster

Kram zum Lesen findet sich immer in meiner Tasche, sobald ich das Haus verlasse und länger als fünf Minuten mit der Bahn durch die Stadt gondeln muss. So auch gestern. Im Gepäck: ein junges deutsches Magazin, die NEON. Schon beim Befummeln des Blattes fiel mir die DVD auf, die man marketingtechnisch clever in die Mitte gepappt hatte. "Eureka" stand drauf. Anfangs dachte ich noch, dass es sich um eine Gratis-Episode der gleichnamigen schwachsinnigen amerikanischen Serie handelt, aber weit gefehlt! Ganz weit! Obwohl, schwachsinnig wars ja dann doch irgendwie... Hmmm...


Auf Müll war ich ja schon vorbereitet und meine Neugier wollte ja unbedingt wieder einen Schlag ins Gesicht. Also fix den Rechner mit der Scheibe gefüttert und gespannt gewartet, was da jetzt kommen mag....
Bereits der Vorspann ließ mich doof gucken. Die DVD wurde von Shell produziert. Genau das Shell, was weltweit ein Loch nach dem nächsten in den Erdboden rammt um Öl zu pumpen und genau das Shell an dessen Tankstellen sich bundesweit jedes Wochenende tausende Vollidioten zum Tuningtreff versammeln und elitär Mixery schlürfen - alternativ auch Red Bull, passt zur Karre. Die erste Frage, die mir die Synapsen entlang schoß, war, wieso die bitte einen Film produzieren?! Die Frage wird in dem ca. neun minütigen Streifen mehr als deutlich beantwortet. Bissel zwischen den Zeilen lesen und ein bissel Verständnis für globale Ölressourcen und was man so an der Tanke für nen Liter Sprit blechen darf, seien da mal vorausgesetzt. 

Shell poliert das Image. Auf richtig behämmerte Weise. 

Star des extended commercials ist ein niederländischer Ingenieur und dessen Sohn Max. Der Herr Ingenieur ist bei Shell angestellt und soll neue Methoden entwickeln, wie man kleine, verstreute Ölfelder ökonomisch sinnvoll leer pumpen kann. Zu Beginn des Filmchens sieht man Herrn Ingenieur eifrig in seinem asiatischen Büro quatschen. Eine junge Reporterin kommt hinzu und möchte vom Herrn Ingenieur wissen, was er zur Ressourcenknappheit und alternativen Energien zu sagen hat. Da kommt der Herr auf eine hübsche Idee. Einfach mal zeigen, was Shell so für Scheiße macht. Guter Plan!
In den folgenden Minuten erhält der aufmerksame Zuschauer wertvolle Informationen darüber, dass Shell es möglich gemacht hat, ein asiatisches Sumpfgebiet trocken zu legen und bewohnbar zu machen, damit Ölarbeiter schneller zur Arbeit kommen. Was für Menschenfreunde. Mir kommen die Tränen. Anerkennend merkt Frau Reporterin an, dass der Fortschritt wohl nicht aufzuhalten wäre. Die Shell-Tour hat ja aber gerade erst begonnen und so wird man noch fix auf einen Helikopterflug über zwei Bohrinseln mitgenommen und weiß danach, dass die Ölvorkommen da bald aufgebraucht sind und man ja ganz gern an die anderen kleinen Ölbunker ringsrum kommen würde, aber nicht so richtig weiß, wie man das machen soll. Ein Dilemma. Auch hier wieder eine äußerst hilfreiche Anmerkung von Frau Redakteuse: einfach mal einen Tapetenwechsel, wenn einem nix gescheites einfällt. 
Der Herr Ingenieur scheint ein Mamakind gewesen zu sein, der hört auf die Frau und fährt heim nach Amsterdam um mit seinem Sohn Max Fritten und einen Milchshake beim unabhängigen Burgerbrater zu verzehren. 

Und welch dramaturgische Leistung sich hier einem bietet! Eureka!

Sohnemann Max dreht seinen Strohhalm um, damit er an die letzten Reste Milchshake kommt und im Gesicht seinen Herrn Papa kann man quasi beobachten, wie der Groschen pfennigweise fällt. 

Da hat der doch ne Lösung gefunden, wie man an die Ölbunker kommt! Durch einen Strohhalm! Aha! 
Hat ja meiner Meinung nach was von Dr. House, dem auch immer wieder Lösungen und Diagnosen einfallen, während sich jemand ein Ei brät oder an selbigem kratzt....

Das Ende des Films ist herzerweichend. Papi schaut Max beim Fußball zu und Papi rettet seinem Konzern ein paar Millionen in der Jahresbilanz. Dafür gibts meinen persönlichen Oscar.

Es ist eine Mischung aus Armseligkeit und Dreistigkeit, was Shell hier versucht. Hat ja schon was logisches, wenn ein Ölkonzern sich gegen alternative Energien stellt. Sag ich ja nix gegen. Aber scheinbar hat der Konzern ein kleines Problem mit dem eigenen Bild in der Öffentlichkeit. Da hilft auch diese DVD nicht, liebes Marketingteam. Und wenn ihr alle euren Posten behalten dürft, dann lauf ich gern schreiend im Kreis. Ich persönlich möchte mich nicht mit der Tankstelle, an der ich mein Konto leer räume, identifizieren. Und lobbyistische Filmchen, wie "Eureka" machen es da nicht besser. 

Fazit: Das nächste Auto wird ein Hybrid. So. Und ich tanke nicht mehr bei Shell. Wer solchen Müll als Imagekampagne rauskloppt, hats nicht anders verdient. 

Aber gut, wenn die Schlangenbohrtechnik weltweit ein Hit ist und der Max jetzt Profi bei Amsterdam ist.

Ich schwing mich dann mal aufs Rad. Wetter ist so schön.